Mischabeldurchquerung 2021

Wir bauen uns eine eigene Durchquerung der Mischabelgruppe zusammen und unterstützen Marieke beim ersten 4000er Gipfelerfolg. Wer kann schon von sich behaupten, dass der erste 4000er das Strahlhorn im Wallis gewesen ist?

TourenProfil

Dauer
9 Tage
Zeitpunkt
Juli 2021
Gebirge
Walliser Alpen
Schwierigkeit
Schwer
Gesamtstrecke
93 KM
Aufstiegs-HM
9.720 Hm

Tag 1 – Stausee Mattmark – BritanNiahütte

7 km | ↑ 880 Hm | ↓ 60 Hm | 3 ½ h

Wir reisen aus verschiedenen Richtung zum Bahnhof Visp an und nehmen zusammen den Bus zum Stausee Mattmark. Von dort steigen wir den Glacier Trail in gemütlicher Geschwindigkeit zur Britanniahütte (3030 m) auf. Dort lassen wir es uns gutgehen, beobachten gespannt den Steinbock nahe der Hütte und genehmigen uns bei dem Anblick ein kühles Getränk. Die Britanniahütte bietet je nach Gipfelambition mehrere Frühstückszeiten an und wir entscheiden uns der Empfehlung folgend aufgrund der anstehenden Tourenlänge für den ersten Slot.   

Tag 2 – Britanniahütte – Strahlhorn – Britanniahütte

16 km | ↑ 1440 Hm | ↓ 1440 Hm | 9 ½ h

Die erste Herausforderung heute ist es, das Frühstück um 3 Uhr herunterzubekommen. Wir starten unsere Tour kurz vor 4 Uhr im Schein der Stirnlampen und während die übrigen 3 Seilschaften „unten rum“ Richtung Glacier Trail gehen, wählen wir den Weg zuerst oben rum, Richtung Hohlaubgrat und dann über einen Felsriegel wieder zum Allalingletscher absteigend. Einmal kurz nicht aufgepasst und im Fels gestolpert führt leider zu einer rötlich eingefärbten Hose und leicht zerschrammten Knien. Zum Glück ist die medizinische Versorgung durch Marieke ausgezeichnet. Das nächste Mal würden wir wahrscheinlich auch unten rum gehen und uns den Abstecher in den Felsriegel zu früher Stunde sparen. 

Der Weg führt uns sanft ansteigend unterhalb des Rimpfischhorns (4198 m) bis zum Adlerpass (3789 m), wo wir mittlerweile leider komplett im dicken Nebel stehen und uns dem Gegenwind entgegenwerfen. Auf dem Weg zum Gipfel des Strahlhorns (4190 m) wird es nochmal etwas steiler und genau im richtigen Moment zieht es extra für uns kurz auf und wir genießen das Gipfelglück nebelfrei! Damit auch herzlichen Glückwunsch zu Deinem ersten 4000er Gipfel, Marieke! Und was für einer! Den gibt es nicht geschenkt 🙂 

Auf dem Rückweg, haben wir im tiefen Schnee bis zum Adlerpass etwas Spaß und kommen schnell voran. Der weitere Weg im flachen Gelände zieht sich aber und wird gegen Ende auch sehr matschig. Wir wählen den Rückweg zur Britanniahütte diesmal „unten rum“ und können währenddessen auch mit den drei übrigen geführten Seilschaften sprechen. Wir haben noch eine zweite Nacht auf der Britanniahütte und beobachten am Abend wieder den Steinbock vor der Hütte, wie er eifrig am Beton leckt.   

Tag 3 – Britanniahütte – Hohlaubgrat –Allalinhorn – Feechopf – Täschhütte

11 km | ↑ 1170 Hm | ↓ 1500 Hm | 8 h

Heute geht es wieder im Stirnlampenschein hinauf, aber diesmal über den Hohlaubgletscher, der am Ende kurz unter dem Gipfel vom Allalinhorn (4027 m) in den Hohlaubgrat mündet. Diese zwei Seillängen werden je nach Tourenbericht mit II+/III- bewertet und wir sichern diese durch. Die wohltuende Ruhe ist schlagartig vorbei als wir zum Gipfel herumbiegen, wo bereits emsig für die Fotos am Gipfel angestanden wird. Wir sehen und hören eine 70-jährige Mutter, die Ihr persönliches Gipfelglück in die Welt hinausschreit, nachdem Sie von Ihrem Sohn via Mittelallalin hinaufgeführt wurde. Wir erleben außerdem auch einen Heiratsantrag (der auch angenommen wurde, Glückwunsch!) live mit. Das Panorama mit den Gipfeln von Matterhorn, Weißhorn, Täschhorn, Dom, Weißmies und Alphubel sind schon gewaltig beeindruckend! Aufgrund des vorherrschenden Trubels entscheiden wir uns aber zügig weiterzugehen. Die große Karawane zieht zur Seilbahnstation, aber wir biegen am Feejoch ab und überschreiten den Feechopf (3888 m). Das ist auf der Aufstiegsseite ein willkommenes, wenn auch teilweise etwas brüchiges Abenteuer und stellt uns vor keine größeren Herausforderungen. Obwohl der Feechopf höher als der Großglockner ist, habe ich das dumpfe Gefühl, dass deutlich weniger Menschen den Feechopf als Gipfelziel formulieren… 

Bei einer Rast auf dem Feechopf, sehen wir einen Helikopter im Alphubeljoch (3772 m) landen, wovon wir später mitbekommen, dass es sich um eine Übung handelte. 

Da die Zeit doch schon etwas fortgeschritten ist und wir den kommenden Tag für den Alphubel reserviert haben, steigen wir danach vom Alphubeljoch zur Täschhütte (2701 m) ab. Die sulzigen Verhältnisse lassen uns dabei nicht allzu zügig vorankommen.  An der Hütte angekommen genießen wir auch den Luxus einer warmen Dusche. 

Tag 4 – TÄSCHHÜTTE – Wissgrat – Weingartensee – Täschalp

6 km | ↑ 440 Hm | ↓ 980 Hm | 3 ½ h

Wir stehen 3 Uhr auf und trauen unseren Augen kaum, dass es ordentlich schüttet. Auch eine Aktualisierung des Wetterradars lässt leider für den heutigen Morgen und Vormittag keine Besserung erhoffen, also verschieben wir kurzerhand das Frühstück auf 7:30 Uhr. Wir entscheiden uns kurzerhand für eine Alternativtour über den Wissgrat (3100 m) und Weingartensee zur Täschalp (2225 m), die wir eigentlich nach erfolgreicher Bewältigung der Eisnase vom Alphubel (4206 m) vorgesehen hatten. Wir genießen den großen Luxus in Form von herrlich eingerichteten Lagern, einer warmen Dusche und hervorragender Verköstigung dennoch sehr! Wir schwatzen am Abend mit einem Hamburger Paar, dass Ihren Sabbatical mit Zelt und Schlafsack im Rucksack wandernd verbringt. Wir werden nach unseren bergsteigerischen Empfehlungen rund um Saas Fee ausgefragt und teilen unsere Erfahrungen gerne, was auf dankbare Ohren stößt.   

Tag 5 – Täschalp – Europaweg – Domhütte

11 km | ↑ 1300 Hm | ↓ 530 Hm | 5 ½ h

Wir lassen uns beim Frühstück auf der Täschalp Zeit, da das Wetter auch noch mit vormittäglichem Regen aufwartet. Wir marschieren spät lös und gehen entlang dem blumenbewachsenen Europaweg zur Europabrücke, einem beeindruckenden Bauwerk. Von dort wählen wir den traumhaften Weg zur Domhütte (2940 m). Die Ruhe wird häufig durch fliegende Helikopter von Air Zermatt unterbrochen und wir bekommen eine schlimme Vorahnung. Wie wir später von den entgegenkommenden Seilschaften erfahren, sind heute nur zwei Seilschaften zum Gipfel des Doms (4545 m) vorgedrungen. Eine davon hat es aus eigener Kraft zurückgeschafft und die andere Seilschaft, musste allerdings wie einige andere Aspiranten auch ausgeflogen werden. Der Rest ist an dem Tag vorher umgedreht. Wir erfahren, dass die Schneeverhältnisse so enorm sind, dass diese Saison noch kein Bergführer den Normalweg beschritten hat. Das bedeutet im Umkehrschluss auch, dass der Dom bis dahin nur über den Festigrat sowohl im Auf- als auch Abstieg begehbar ist. Wir geießen am Abend lecker Spätzle und legen uns die Karten für den folgenden Tag. Die Entscheidung lautet, dass wir entspannt bis zum Festijoch (3722) aufsteigen und uns ohne Gipfelambition ein Bild von der Lage machen. 

Wir teilen uns ein Zimmer mit einem Gipfelaspiranten, der durch seine Lederjacke und Fleckarnhose ins Auge springt. Er will auch nicht gescheit antworten und erwidert nur hochnäsig: „watch and learn!“. Bei so einer Aussage freue ich mich schon etwas dazuzulernen 🙂 

Tag 6 – Domhütte – Festijoch – Europahütte

7km | ↑ 780 Hm | ↓ 1460 Hm | 6 h

Wir frühstücken entspannt und marschieren mit leichtem Gepäck um 5 Uhr los. Es ist wirklich knackekalt! Wir können vor uns kurz vor dem Einstieg Richtung Festijoch noch den umdrehenden Rambo erkennen, der auch mit Lederjacke und Flecktarnhose an den Berg geht. Die Hochnäsigkeit war offenbar auch einer eher ernüchternd bis enttäuschter Mimik gewichen. Wir haben viel gelernt. 

Der Aufstieg zum Festijoch hat uns schon viel zu viel gekostet, was auch dazu geführt hat, dass unsere Finger nicht gerade beweglicher wurden. Übereinstimmend mit den Berichten vom Vortag über abwinkende Bergführer aufgrund der Schneemassen, war keine Spur auf dem Normalweg zum Dom erkennbar. Das hat uns in der Entscheidung bestärkt und wir seilen mit klammen Fingern ab, gönnen uns auf der Domhütte eine wärmende Suppe, rödeln unser Zeug wieder auf und steigen zur Europahütte ab. Das Wetter ist wechselhaft und wir haben das Vergnügen auf der Europahütte große holländische Gruppen zu erleben. Wir werden beim Abendessen an den Nationalfeiertag erinnert und es gibt zu diesem Anlass auch ein Eis mit der schweizer Flagge. Wir erfahren, dass der Europaweg Richtung Bordierhütte (2886 m) leider schon Jahre gesperrt sein soll und wir gehen das Risiko nicht ein und melden ein Thermofrühstück an und gehen zeitig ins Bett.  

Tag 7 – Europahütte – Randa – Grächen – Bordierhütte

14 km | ↑ 1370 Hm | ↓ 960 Hm | 5 ½ h

Wir frühstücken zeitig und steigen geschwind nach Randa ab, um mit Zug und Bus nach Grächen zu transferieren, von wo aus wir den wunderschönen Weg zur Bordierhütte (2886 m) starten. Der Zustieg ist im ersten Teil sehr grün und nach dem Überqueren der Moräne schroffer. Der Hüttenzustieg selbst ist gut markiert und witzig abgesichert. Wir haben auf der Bordierhütte auch das Glück einige Steinböcke zu sehen. Die Bordierhütte selbst ist eine herrliche kleine Berghütte mit einer sehr sympathischen Hüttenwirtsfamilie. Wir lernen am Abend zwei Polizisten kennen, die für den Folgetag das gleiche Gipfelziel anvisiert haben, wie wir.    

Tag 8 – bordierhütte – Riedgletscher – Ulrichshorn – Mischabelhütte

9 km | ↑ 1340 Hm | ↓ 900 Hm | 8 h

In der Nacht hat es einiges an Neuschnee gegeben und wir gehen am nächsten Tag zeitig mit den Stirnlampen los, lassen Biggerhorn und Balfrin links liegen und visieren direkt den zerrissenen Riedgletscher an. Am Anseilpunkt treffen wir unsere beiden Polizisten wieder und wir schließen uns für die Gletscherquerung zu einer größeren Seilschaft zusammen. Die Sicht ist eher bescheiden und das Spuren ist für mich mit ständig tiefem Einsinken verbunden, teilweise auch bis zur Hüfte, wobei meine Seilschaft aber dankenswerterweise wachsam bleibt. Im ersten steileren Teil des Riedgletschers ist es zeitaufwändig durch die Vielzahl an Spalten zu navigieren, was immer mal wieder eine Umkehr notwendig macht. Im flacheren Teil kann ich einfacher mit GPS navigieren, aber es wird insbesondere durch den Neuschnee nicht deutlich zügiger. Wir motivieren uns aber damit, dass das Wetter laut Prognose besser werden soll. Am Fuße vom Ulrichshorn (3925 m) reißt es dann endlich auf und die uns entgegenkommenden Seilschaften sind dankbar für die Spur, die wir auf dem Gletscher gezogen haben. Auf dem Ulrichshorn (3925 m) pfeift es ordentlich, aber wir machen dennoch eine kurze Pause um Nahrung und Wasser nachzuschieben. Wir gehen weiter über das Windjoch 3845 m und visieren weiter das Nadelhorn (4327 m) an. Das Wetter zieht leider relativ schnell zu und wir entscheiden uns schweren Herzens zum Abbruch der Tour. Im Windjoch verabschieden wir uns von unseren Seilschaftspartnern und gehen weiter zu den Mischabelhütten (3340 m). Diese Hütte hat eine ganz besonders positive Atmosphäre und wird von einem weiblichen Team bewirtschaftet. Wir treffen einige Bergsteiger aus der Bordierhütte wieder und lernen auch ein cooles deutsches Paar kennen, welches in die Schweiz ausgewandert ist. Der Wetterbericht sagt voraus, dass der morgige Tag, das beste Wetter der ganzen Woche haben soll, also planen wir unsere Tour kurzerhand um! 

Tag 9 – Mischabelhütte – Nadelhorn – Saas Fee – Saas Grund

13 km | ↑ 1000 Hm | ↓ 2740 Hm | 8 h

Wir nutzen das hervorragende Wetter und steigen am Morgen noch einmal zum Windjoch (3845 m) auf. Wir sind dabei nicht ganz alleine und je weiter es Richtung Nadelhorngipfel geht, desto trubeliger wird es. Das macht uns aber an dem sonnigen Tag wenig aus und wir genießen unser Gipfelglück am Nadelhorn (4327 m) in vollen Zügen mit prächtigem Ausblick auf die umliegenden Gipfel von Täschhorn, Dom und Stecknadelhorn. Im Abstieg begriffen, geht an einer Stelle leider gar nichts mehr, weil eine französische Seilschaft an einer Engstelle komplett blockiert war. Ich vermute, dass es ein Pärchen gewesen ist und die Frau hat tränenaufgelöst geschluchzt und konnte nicht mehr weiter. Der Partner hat geduldig unterstützt und Sie langsam abgelassen. Es hätte für uns zweifellos schlechtere Orte geben können, eine halbe Stunde mit einigen Seilschaften in der Sonne auf 4300 m mit herrlichstem Bergpanorama warten zu müssen. 

Zurück auf den Mischabelhütten packen wir unser restliches Zeug zusammen und steigen gemütlich ab. Auf dem Weg nach Saas Fee sehen wir dabei erneut einige Steinböcke, diesmal aber jüngeren Alters und nur aus der Ferne. In Saas Fee angekommen, plündern wir den Supermarkt und gehen zu einem schönen Appartment in Saas Grund weiter. Die Dusche ist absolut wohltuend und herrlich mit schrägen Dachfenstern in der Dusche konstruiert, sodass man beim Duschen die Bergkulisse bewundern kann! Wir richten uns unser Abendmahl und fallen auch zeitig ins Bett.   

BONUS – Saas Grund – Almagellerhütte – Weißmies (Abbruch) – Almagellerhütte

14 km | ↑ 2250 Hm | ↓ 940 Hm | 8 h

Als kleinen Bonus entscheiden wir uns noch für eine Tour zur Weißmies (4017 m) über den Südgrat. Dazu gehen wir zeitig von Saas Grund los und richten an der Almagelleralpe (2200) pflichtschuldig die Grüße an den Papa der Hüttenwirtin der Mischabelhütten aus. Dieser bereitet gerade das Frühstück vor und freut sich sichtlich über die Nachricht. Von den Hotelgästen ist auch noch niemand wach und wir ziehen auch nach kurzer Pause direkt weiter zur Almagellerhütte (2894 m), wo wir auch noch den Onkel und Cousin grüßen können. Wir stärken uns mit einem dringend notwendigen Kaffee und einem leckeren Stück Kuchen für den weiteren Weg. Wir lassen etwas Gepäck auf der Hütte zurück und visieren über den Zwischenbergpass direkt den Süd-Süd-Ost-Grat der Weißmies (4017 m). Wir steigen bis auf Höhe von etwa 3600 m im Altschneefeld auf und wechseln dann auf den Grat, der mir wunderbar taugt! Das Wetter macht sich leider wieder stark veränderlich und es fällt uns nicht leicht auf ca. 3850 m abzubrechen. Ich kann meine Seilschaft zumindest noch zu etwas Spaß und Freude überreden. Dazu legen wir Regenhose und Regenjacke an und rutschen das Altschneefeld, gelegentlich den Eispickel als Bremse verwendend, ab. Was für eine Gaudi! Zurück an der Almagellerhütte werten wir unsere Tour gemeinsam aus, gönnen uns noch einige Kaltgetränke und genießen unseren letzten Hüttenabend. 

BONUS – Almagellerhütte – Saas Almagell

6 km | ↑ 0 Hm | ↓ 1240 Hm | 2 ½ h

Wir steigen am letzten Tag entspannt ab, bevor es mit dem Bus zurück nach Visp geht, wo das Auto auf uns wartet. 

Ich bin sehr interessiert an Feedback zu dieser Tour, also schreibt ruhig was Euch beim Lesen gefallen hat, was Ihr an der Tour gegebenenfalls ändern würdet und was Ihr Euch für die nächsten Berichte wünscht. 
 
Berg Heil! 
Christian

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